Renaissance-Schloss

Historischer Dorfrundgang Windischleuba

Station 1 - Ehemals Rittergut, seit 1977 Jugendherberge, Pestalozziplatz 1

 

Im Mittelalter bildete die Pleiße neben der Saale eine wichtige Grenze zwischen vorwiegend von Slawen bewohnten Gebieten im Osten und den meist von verschiedenen germanischen Stämmen bevölkerten westlichen Territorien. Für den Transport von Waren über die Flüsse hinweg spielten Furten, also relativ flache, ohne Brücke überwindbare Flussabschnitte eine wichtige Rolle. Eine solche Furt gab es auch an dem an der Pleiße gelegenen, um 1200 „Luben“ genannten Ort Windischleuba. Zum Schutz der Furt und der nahen Stadt Altenburg entstand in dieser Zeit eine Wasserburganlage, deren Besitzer den Burggrafen von Meißen lehnspflichtig waren.

Dieses Rittergut mit Wirtschaftshof, auch großes oder hinteres Rittergut genannt, besaß die Gerichtsbarkeit über die meisten Bauern in und um Windischleuba. Als erste Besitzer werden 1244 Heinrich von Kohren und Hugo von Stollberg genannt. Hans von der Gabelentz baute um 1455 die Burg zu einem Wasserschloss um.

Am 13. November1633 brannte während des Dreißigjährigen Krieges das Schloss mit dem Wirtschaftshof ab. Die Besitzer aus dem Adelsgeschlecht von der Gabelentz bauten zwar alles wieder auf, verschuldeten sich dabei jedoch zu sehr. Deshalb mussten sie ihr Eigentum an die Fürstliche Kammer in Altenburg, also den Staat abtreten. Ab 1678 besaßen die Herren von Zehmen das Schloss. 1739 kauften die Herren von Lindenau Windischleuba. Unter dem bedeutenden Astronom, Staatsmann und Kunstsammler Bernhard August von Lindenau (1779–1854) wurde die Schlossanlage samt Wirtschaftshof baulich verändert. Teile des Wassergrabens und zwei Zufahrtsbrücken mussten weichen. Die Wirtschaftsgebäude wurden vollständig erneuert, um die Effektivität des landwirtschaftlichen Betriebes zu erhöhen. Das Schloss selbst verfiel baulich und wurde erst durch Börries, Freiherr von Münchhausen (1845–1931), auch der Altertümler genannt, nach historischen Plänen und im Stil der Burgenromantik ab 1880 wieder aufgebaut. Münchhausen stattete es mit seinen wertvollen kulturhistorischen Sammlungen aus. Das Schloss Windischleuba blieb nicht nur erhalten, sondern wurde auch zu einem gesellschaftlichen Zentrum in der Region. Dieses Ziel verfolgte auch der gleichnamige Sohn und Balladendichter Börries von Münchhausen (1874–1945). Der Freiherr gehörte zu den Anhängern des Nationalsozialismus und engagierte sich aktiv in der Kulturpolitik des „Dritten Reiches“. Am Ende des 2. Weltkrieges beging er Selbstmord.

 

Nach der Enteignung des Rittergutes im Zuge der Bodenreform wurde die große Scheune abgerissen und an ihrer Stelle 1959/60 ein Kindergarten errichtet. Der Kuhstall wurde verkleinert und zunächst als MTS (Motoren- und Traktorenstation), später als Feuerwehr samt Feuerwehrmuseum genutzt. Die Brennerei verschwand genau wie Teile des Hofteiches. Im Wirtschaftsgebäude, das sich heute in Privatbesitz befindet, entstanden Wohnungen. Das Schloss sollte entsprechend den Vorgaben der sowjetischen Besatzungsmacht geschliffen werden. Dies konnte verhindert werden, indem im Schloss ab 1946 ein Internat für die Schüler der Erweiterten Oberschule Windischleuba eingerichtet wurde. Es bestand bis 1973.

Seit 1977 befindet sich im Schloss eine Jugendherberge mit einer musikalischen Ausrichtung. Die kontinuierliche öffentliche Nutzung hat dazu beigetragen, dass das Schloss Windischleuba erhalten blieb.

 

Buchhinweis:  

„Geschichte von Windischleuba“; Steffen Sell Heimat-Verlag Altenburg, 2019

„Rittergüter im Altenburger Land und ihre Gärten“, Bd. 1., Posterstein 2007

 

 

Bildquellen: Lithographien von G. Wunderlich und C. Sprosse, Bilder von Leporello 1980 und Postkarten aus Archiv von G. Prechtl

 

Historischer Dorfrundgang Windischleuba


Der beschilderte Dorfrundgang mit seinen acht Stationen entstand gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern von Windischleuba im Rahmen von „Der fliegende Salon – Kulturaustausch im Altenburger Land“. Dieses Projekt wird gefördert in TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes, sowie durch die Thüringer Staatskanzlei.